Sprachlerntagebuch und Learning Stories in Kombination als Werkzeug zur ganzheitlichen Entwicklungsdokumentation

Was für ein Blogtitel… Dies ist meine Hausarbeit, ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und freue mich über Feedback!
Habt ihr Fragen, Anregungen und Ergänzungen, teilt sie mir mit! In der Einleitung wird der Aufbau der Arbeit noch einmal erklärt und die Angaben zur Fachliteratur findet ihr am Ende. Ich könnte mich jetzt noch 10000-fach wiederholen, dass ich mich über Feedback, Fragen, Anregungen und Ergänzungen freue, euch Spaß beim Lesen wünsche, aber lest doch einfach:

Begriffsklärung

Berliner Bildungsprogramm (BBP)

Das von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft veröffentlichte Praxishandbuch ist verbindlich in allen Berliner Kitas umzusetzen. (Berliner Bildungsprogramm für Kitas und Kindertagespflege 2014)

 

Gender

Die Unterscheidung in Mann, Frau und anderen Geschlechtsidentifikationen bei allen Bezeichnungen wird durch die Verwendung von „x“ aufgehoben, Beispiel: dx Pädagogx steht für die Pädagogin, der Pädagoge und allen weiteren Geschlechtsidentifikationen, sowie dem Plural. Eltern fasst alle Konstellationen ein, hetero- und homosexuelle Beziehungen, Patchwork und Alleinerziehende. Die Unterscheidung in Mädchen und Jungen wird bei der Verwendung des Begriffes „das Kind“ nicht berücksichtigt, eine Geschlechtsidentifikation ist in dieser Arbeit kein Bestandteil.

 

Kindertagesstätten (Kitas)

Der Begriff Kitas fasst alle Einrichtungen des Landes Berlin ein, die gesetzlich verpflichtet sind mit dem BBP zu arbeiten, diese sind: staatliche, kirchliche, paritätische und private Kitas im Land Berlin.

 

Lerndispositionen

Die Lerndispositionen sind nach Vorgabe des BBP aufgeteilt in Gesundheit; soziales und kulturelles Leben; Kommunikation: Sprachen, Schriftkultur und Medien; Kunst: Bildnerisches Gestalten, Musik und Theaterspiel; Mathematik; Natur; Umwelt und Technik.

 

 

Einleitung

„Well done is better than well said.” (Benjamin Franklin) und “Action speaks louder than words but not nearly as often.” (Mark Twain) sind nicht nur Sätze mit viel Wahrheit, sondern auch die Aufforderung zu handeln. Kinder benötigen Wertschätzung, nicht nur verbale Wert-schätzung, sondern Wertschätzung, die sie anfassen und betrachten können. Pädagogx sollten die Möglichkeit haben, Kindern diese Wertschätzung überreichen zu können.
In dieser Arbeit wird die Frage bearbeitet, wie das Berliner Sprachlerntagebuch mit Hilfe der neuseeländischen Learning Stories ergänzt werden kann, um Fachkräften zu ermöglichen, nicht nur die Sprachentwicklung des Kindes, sondern die kognitive Entwicklung, die Ent-wicklung in allen Bildungsbereichen und die individuelle Entwicklung des Kindes zu doku-mentieren. Weiterhin befähigt es dx Pädagogx dem Kind zu zeigen, was seine Kompetenzen sind, was es bewältigt und bewirkt. Die Zusammenarbeit mit den Eltern kann durch konkrete, bebilderte Situationen aus dem Kitaalltag unterstützt werden

Zu Beginn wird ein Überblick über die Arbeit mit dem Sprachlerntagebuch und die Arbeit mit den Learning Stories erfolgen, um dann beide verknüpft darzustellen. Auch wird im An-satz dargestellt, was es für Vor- und Nachteile, bzw. Probleme gibt, wenn man Systeme an-derer Länder und Kulturen importiert. Außerdem wird erläutert, wie auf diese Weise ein Ein-blick in das pädagogische Handeln erfolgen kann.
Zum Abschluss erfolgt im Kapitel Fazit und Folgerungen eine Zusammenfassung der Mög-lichkeiten, die diese beiden Systeme einzeln und gemeinsam bieten können.

 

Sprachlerntagebuch

Das Sprachlerntagebuch wurde vom Berliner Senat für Bildung, Jugend und Wissenschaft entwickelte und ist durch die Verbindlichkeit des BBP für Kitas und Kindertagespflegen ver-pflichtender Bestandteil der pädagogischen Arbeit.

Die Aufgaben des Sprachlerntagebuchs sind es, die wachsenden Kompetenzen des Kindes Gedanken in deutscher Sprache auszudrücken und mit seiner Umwelt zu kommunizieren, fortlaufend zu dokumentieren (Fischer et al. 2008) und etwaige Defizite in der Sprachent-wicklung frühzeitig zu erkennen und diesen professionell entgegenzuwirken.
Sprache ist ein wichtiger Bestandteil für die Entwicklung sozialer Kompetenzen und ein Grundbaustein unseres Bildungssystems. Frühzeitige Förderung und Unterstützung erleich-tern es dem Kind Sprache zu erlernen und diese kompetent und sicher anzuwenden. Dieser Prozess beginnt bereits im Mutterleib (Dehn et al. 2012) und wird kontinuierlich verfeinert, wenn Sprache als Kommunikationswerkzeug genutzt wird und man dem Kind als Gesprächs-partner zur Seite steht und zuhört.

Zudem kann man mit Sprache spielen und experimentieren, beispielsweise können Kinder ihre Erzählungen in das Sprachlerntagebuch diktieren. Diese Anwendungsweise fördert, dass das Kind direkten Einfluss auf den Inhalt nehmen kann und gibt dx Pädagogx die Möglich-keit inhaltsbewusstes und sprachbewusstes Sprechen des Kindes einem direkten Vergleich zu unterziehen. In diesem Fall sammelt das Kind Erfahrungen in zwei Lerndispositionen, zum einen im Bereich Kommunikation: Sprache, Schriftkultur, Medien durch die direkte Ein-flussnahme auf das gesprochene und geschriebene Wort. Zum anderen im Bereich soziales und kulturelles Leben, seinem Wortlaut wird gefolgt und ist durch das Aufschreiben zu einem Symbol der Wichtigkeit des Sprachgebrauchs geworden.
Die Sprache des Kindes wird wertgeschätzt und als essentiell angesehen. Zuhören und ver-stehen, eigene Ideen und Gefühle äußern, sowie Fragen stellen, sind wichtige Bestandteile der sich entwickelnden sprachlichen Kompetenz. (Berliner Bildungsprogramm für Kitas und Kindertagespflege 2014)

Das Sprachlerntagebuch wird zu Beginn im Kapitel: „Das bin ich!“ von den Eltern, dem Kind und dx Pädagogx mit Informationen über das Kind, die Familie und das (soziale) Um-feld gefüllt und gestaltet. Das Kind identifiziert sich mit diesem Buch und kann anhand der kreativen bildlichen Darstellung selbst nachvollziehen, was auf den Seiten aufgeführt ist. Es identifiziert sich mit Schrift, Sprache und bildlicher, sowie symbolischer Darstellung.

Im weiteren Verlauf wird die Sprachentwicklung des Kindes festgehalten. Mit gezielten Be-obachtungen werden Fragestellungen, die die Entwicklung der Sprechwerkzeuge, der Laut-bildung, des Wortschatzes und der kognitiven Entwicklung der Sprache in Interaktion mit un-terschiedlichen Gesprächsteilnehmern im Bereich der Sprachkompetenz berücksichtigt.

Learning Stories

Wir leben in einer Welt in der Lernen eng mit Medien und stetiger Weiterentwicklung ver-knüpft ist. (Bertelsmann Stiftung 1999) Lernen ist heute ein individueller Prozess und sollte auch als ein solcher behandelt werden.

Das Konzept wurde von Margot Carr in Neuseeland entwickelt und hat vorrangig die Auf-gabe dem Kind ein positives Verständnis vom (selbstbestimmten) Lernen zu vermitteln. (vgl. Leu 2007) Es verfolgt die Lernphilosophie, Interessen und Stärken fördern, um dem Kind die Sicherheit zu vermitteln, dass es Lernen kann und so zum kompetenten (selbstbewussten) Lerner wird. Diese Philosophie versteht alle Menschen als Lernende und erwartet von Pädagogx sich gleichermaßen mit den Interessen des Kindes auseinanderzusetzen, ihm als Lernpartnex zur Seite zu stehen und gemeinsam zu forschen. Learning Stories behandeln den Prozess des Lernens so individuell wie das Kind selbst. Sie sind nicht auf eine Altersgruppe beschränkt, werden aber vorrangig im Elementarbereich angewendet. Hierbei ist es außerdem wichtig, dass dx Pädagogx immer wieder bewusst wird, dass die Entwicklung im Berufsalltag häufig nicht mehr wahrgenommen wird, diese jedoch elementar für die Entwicklung des Kindes sind. Das Auge dx Pädagogx wird geschult diese wahr zu nehmen.

Darüber hinaus sind Pädagogx dazu aufgefordert das Kind in seiner natürlichen Umgebung zu beobachten und die Beobachtung zu dokumentieren. Die Beobachtung erfolgt nicht iso-liert, sondern in der Situation, sei es, dass das Kind alleine spielt, mit einem anderen Kind, den Eltern, dx Pädagogx  non-verbal oder verbal agiert. Diese Beobachtung wird im Dreitakt von Wahrnehmen, Erkennen und Antworten betrachtet. Wahrnehmen, was das Kind tut, Erkennen, welche Bedeutung dies für das Kind hat und Antworten im Sinne von Reagieren, darauf eingehen und Perspektiven erkennen. (Haas 2012)

Im Beginn des Lernprozesses ist der Wortschatz des Kindes klein und das Kind kann kom-plizierte Wortgeflechte und Fachwörter nicht verstehen. Hier ist es die Aufgabe dx Pädagogx zu intervenieren und die Lernsituation für das Kind verständlich zu gestalten. Kein Thema ist zu kompliziert für Kinder, solange sie interessiert sind und forschen dürfen.

Das Lernen, beziehungsweise die Lernprozesse der Kinder werden vom Pädagogx beobachtet und durch Fotografie und Videografie festgehalten. In einer Geschichte, die an das Kind adressiert ist, verfasst dx Pädagogx den Lernerfolg für das Kind anschaulich anhand der Situ-ationsbeschreibung und beigefügter Fotos aus der Situation. Und er lobt das Kind offen-kundig für sein Lernen. Die Lerngeschichte ermutigt und baut Selbstbewusstsein auf. Sie wird durch ein persönliches Gespräch zwischen Kind und Pädagogx vorgestellt und es wird noch einmal über die Situation gesprochen.

Mit den Erkenntnissen aus der Beobachtung und dem Gespräch mit dem Kind unter Berück-sichtigung der Lerndispositionen, wird der Teamaustausch vorbereitet. In dem darauf folgen-den Teamgespräch werden die Unterlagen um die Erkenntnisse der Teammitglieder ergänzt. Gemeinsam wird überlegt, wie jeder einzelne das Kind fordern und fördern kann, um Stärken auszubauen und Schwächen entgegenzuwirken.

Mit dieser Sammlung aus Informationen wird das Elterngespräch mit der Lerngeschichte be-gonnen und das Lernen des Kindes detailliert geschildert, sowie die Fördermöglichkeiten des Teams und eventuelle Fördervorschläge für Familie oder externe Förderung, wie zum Bei-spiel Logopädie vorgeschlagen. Die Lerngeschichte kommt in das Portfolio des Kindes, das für das Kind zugänglich in der Kita steht. Das Portfolio darf jederzeit vom Kind um Erinner-ungen, Selbstgemachtes und Bilder ergänzt werden. Auch kann das Kind einex Pädagogx bitten ihm zu helfen, seine Ideen aufzuschreiben und diese so in das Portfolio bringen. Die anfängliche Dokumentationshilfe ist zu einer eigenen Art der Pädagogik herangereift, die im Situationsansatz verankert ist.

 

Ganzheitliche Entwicklungsdokumentation

Das Sprachlerntagebuch ist eine gute Möglichkeit die Sprachentwicklung detailliert und fach-kundig festzuhalten. Kombiniert man das Sprachlerntagebuch mit den neuseeländischen Learning Stories, die Entwicklung in Interaktion mit dem Umfeld wiederspiegeln, entsteht ein individuelles Bild vom Kind in seiner ganzheitlichen Entwicklung. Die detailliert doku-mentierte Sprachentwicklung wird durch Einblicke in den (Kita-)Alltag ergänzt und kann die kognitive, sowie soziale und emotionale Entwicklung verdeutlichen indem das Lernverhalten, die sozialen, emotionalen Kompetenzen bebildert und verschriftlicht in den Lerngeschichten festgehalten und somit wertgeschätzt werden.
Die Kinder können sich diese Wertschätzung immer wieder anschauen und sie anderen zeigen. Informationen über sich selbst, wie: „Ich kann handeln“, „Ich kann lernen“, aber ebenfalls Werte wie: „Ich bin Ich und das ist genau richtig!“ werden vermittelt. Lernge-schichten sind individuell und orientieren sich am Kind und seinen Interessen. (Haas 2012)

Die Sprachkompetenz wird durch die Learning Stories und das Sprachlerntagebuch und den dadurch entstehenden Wert der Sprache und des symbolischen Schriftverkehrs gefordert und gefördert. Dem Kind werden Möglichkeiten geboten, sich mit Hilfe des Portfolios und dem Sprachlerntagebuch zurückzuerinnern. Durch Aufschreiben, Vorlesen und Nacherzählen von Erinnerungen wird dem Kind gezeigt, wie wichtig Sprache ist. Gleichermaßen wird die Lese-kompetenz durch die eigene Nacherzählung des Kindes gestärkt. Der Drang selbst nachlesen zu können, was geschrieben steht steigt an und das Interesse des Kindes am Schrift-spracherwerb ist schon vor Schulbeginn sehr hoch. Es hat bereits gelernt, dass Schriftsprache Erinnerungen und Wissen speichern kann.

Desweiteren bietet das Aufschreiben der einzelnen Entwicklungsschritte mit zwei Systemen, mit den Schwerpunkten in der Sprachentwicklung einerseits und den Lernverhalten und den sozialen und emotionalen Kompetenzen andererseits, dx Pädagogx die Möglichkeit alle Ent-wicklungsschritte miteinander zu verbinden. Steigt beispielsweise der Wortschatz, kann das Kind seine Wünsche und Ideen präziser ausdrücken. Dies führt zu mehr sozialer Interaktion mit anderen Kindern und Erwachsenen, der Kommunikationsradius wird größer, weil mehr Menschen verstehen, was das Kind ausdrückt. (Dehn et al. 2012)

Durch die detaillierten Aufzeichnungen im Sprachlerntagebuch kann die Sprachentwicklung präzise nachvollzogen und eventuelle Entwicklungsverzögerungen in der Sprachentwicklung frühzeitig erkannt werden. Wird diese Sprachentwicklungsverzögerung zum Beispiel in der Wortschatzentwicklung sehr spät erkannt, hat das Kind weniger Möglichkeiten sich aus-zudrücken und seine soziale Interaktion fällt im Altersvergleich als nicht mehr altersent-sprechend auf. Ob und wie soziale Interaktion erfolgt, kann durch gezielte Beobachtung und mit einer Lerngeschichte, sowie dem Teamaustausch evaluiert werden.

Im Teamaustausch wird in bestimmten Rhythmen über jedes einzelne Kind und seine aus Be-obachtung resultierende Entwicklung gesprochen. Zudem werden die Beobachtungen geteilt und um die Beobachtungen des Teams ergänzt. Darüber hinaus werden Entwicklungsschritte dargestellt und im Alters- und Peergroupvergleich evaluiert. Ist das Kind überdurch-schnittlich weit in der Entwicklung, absolut in der Norm oder hat es Defizite? Wenn es Defizite hat, wie gravierend sind dies? Gemeinsam wird entschieden, wie dx Bezugs-pädagogx, das Team und jedes einzelne Teammitglied dem Kind helfen kann. Was die Eltern leisten sollen und wie schnell gehandelt werden muss. Fällt im Kitaalltag ein Kind durch sein Verhalten auf, kann im Team beschlossen werden, die Beobachtung dieses Kindes vor die Beobachtung anderer Kinder zu stellen, um schneller zu erörtern, wie dem Kind Unter-stützung geboten werden kann. Prävention und schnelles Handeln sind zentraler Mittelpunkt im Konzept des BBP, des Sprachlerntagebuchs und der Learning Stories.

Weiterhin werden die Learning Stories für die Eltern geschrieben. Dadurch können sie am Leben ihrer Kinder in der Kita teilhaben und werde eingeladen die Geschichten aus ihrer Sicht zu ergänzen oder eigene Geschichten zu schreiben. (Haas 2012) Die Elterngespräche bekommen einen neuen Input durch direkte Berichte und Beispiele aus dem Kitaalltag.

An diesen kann man ein ganzes Entwicklungsgespräch aufhängen und die Sprachentwicklung durch Beispiele besser beschreiben. Durch die Learning Stories entsteht eine Verbindung der Lebensbereiche der Kinder. Der Beginn einer Erzählkultur wird zelebriert und der alltags-austausch zwischen Kindern und Eltern findet statt. Eltern und Kinder haben Gesprächs-themen, die das Kind direkt betreffen, in denen die Eltern die Rolle der Zuhörer übernehmen und die Basis für einen Ort bilden an dem sich das Kind frei entfalten kann. (vgl. Gaschler und Gaschler 2008)

Mit Hilfe der Learning Stories und dem Sprachlerntagebuch können aktiv Übergänge gestaltet werden. Wechselt ein Kind von der Krippe in die Kita, von der Kita in die Schule oder in eine andere Kita, können die neuen Bezugspersonen Einblicke in die Entwicklung und in die Stärken und Schwächen des Kindes erlangen und das Kind an seinem Ist-Stand abholen. Diese Übergänge zu gestalten ist ein wichtiger Bestandteil des BBP, weil Übergänge immer Veränderungen beinhalten. Diese nehmen jedes Mal Einfluss auf die Entwicklung des Kindes und können fördern aber auch überfordern. Ein genauer Austausch der Fachkräfte er-leichtert diese Übergänge und kann Überforderung vorbeugen. (vgl. Berliner Bildungspro-gramm für Kitas und Kindertagespflege 2014)

 

Negative Aspekte der ganzheitlichen Entwicklungsdokumentation

Die Faktoren der eben beschriebenen ganzheitlichen Betrachtung verleiten zur Annahme, dass sich das Konzept der Learning Stories adaptiv sehr leicht auf andere Konzepte an-wenden und in die Arbeit dx Pädagogx einbauen lässt. Jedoch ist die Verbreitung einer Spe-zialisierung deutschlandweit nicht einheitlich möglich. Die Landschaft der Kitas in Deut-schland ist flächendeckend multikonzeptionell aufgestellt. Dies liegt vor allem daran, dass Bildung historisch bedingt in jedem Bundesland eigenmächtig beschlossen wird, dies be-einflusst den Betreuungsschlüssel, die Konzepte, die Vor- und Nachbereitungszeit und wie-tere Faktoren.
Unter diesen Umständen ist es nachvollziehbar, warum oft von der Motivation dx Pädagogx gesprochen wird und diese als Voraussetzung für die Umsetzung des Learning Stories gelten. (vgl. Haas 2012) Die Umsetzung der Arbeit mit den Learning Stories benötigt ausreichend Vor- und Nachbereitungszeit, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, Zeit zu haben sich an Learning Stories auszuprobieren. Ein Team, beziehungsweise eine Einrichtung, in dem/der sich gemeinsam um die Umsetzung bemüht wird und einen Betreuungsschlüssel, der gezielte Beobachtung, Kleingruppenarbeit und kurzzeitige 1:1-Betreuung ermöglicht.
Hinzu kommt die vorerst berechtigte Angst vor Überlastung durch mehr Bürokratie und Ar-beitsaufwand in der Dokumentation in der gleichen Vor- und Nachbereitungszeit, der zum anderen mit der Anhebung der Qualität der pädagogischen Arbeit ein starkes Argument gegenüber steht, um beispielsweise die Vor- und Nachbereitungszeit zu erhöhen.
Allem voran aber ist der Fachkräftemangel ein großes Problem bei der praktischen Um-setzung. Es fehlt nicht nur an Personal in den Einrichtungen, auch braucht es qualifiziertes Personal in der Fort- und Weiterbildung. Weiterhin gibt es verpflichtende und nicht ver-pflichtende Fort- und Weiterbildungen, eine Fortbildung im Bereich der Learning Stories ist keine verpflichtende Fortbildung. Der Nutzen und die positiven Auswirkungen auf die päda-gogische Arbeit müssen durch Kommunikation der einzelnen Fachkräfte und Einrichtungen untereinander, sowie medialer Verbreitung erfolgen. Die Finanzierung einer nicht verpflich-tenden Fortbildung kann Konfliktpotential in der Fachkraft-Träger-Beziehung auslösen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Umsetzung im deutschen Raum. Die Dokumentation ist an das aufwendige deutsche Dokumentationsprinzip angepasst worden. Formulare wurden ent-worfen, dabei besteht das ursprüngliche Prinzip darin, die Intuition der Fachkraft zu stärken und ihre Persönlichkeit, sowie die Erzieher-Kind-Beziehung mit in die Lerngeschichten ein-fließen zu lassen. (vgl. Leu 2007; Haas 2012) Dies dient jedoch der Standardisierung, um jedes Kind gleich zu beobachten und einem Schemata folgen zu können. Der Vergleich der Entwicklungsschritte wird erleichtert und der Austausch im Team wird unter allen Gesichts-punkten behandelt. Jedoch entspricht dies nicht den pädagogischen Ansätzen, dass jedes Kind individuell ist und individuell betrachtet und behandelt werden soll. (vgl. Boldaz-Hahn 2009; Zimmer 2006; Berliner Bildungsprogramm für Kitas und Kindertagespflege 2014)

Eine Verbesserung der Kompatibilität ist dennoch erfolgt, Das Format des Sprachlern-tagebuchs ist im Jahr 2016 von seinem individuellen Format zu einem DIN A4 Format umge-staltet worden und lässt sich jetzt direkt in die Portfolioarbeit integrieren. Beide Systeme können jetzt in einem Ordner gemeinsam bearbeitet und betrachtet werden.

 

Fazit und Folgerungen

Das Ergänzen der beiden Systeme ermöglicht somit sowohl eine professionelle als auch emo-tional-individuelle Dokumentation der Entwicklung.

Beide Systeme zusammen können die Möglichkeit bieten eine Kommunikationsbasis für alle Teilnehmer am Kitaalltag und der Kindesentwicklung zu schaffen. Sie nehmen das Kind als „ganzes“ eigenständiges Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Ideen wahr und spiegeln dies in der Lerngeschichte und der praktischen Umsetzung. Das Kind wird in die Dokumentation einbezogen und darf seine Lebensbereiche aktiv gestalten. Jeder Junge und jedes Mädchen ist von sich aus bestrebt, sich an allem zu beteiligen, was ihm seine Mit-welt bietet. (Berliner Bildungsprogramm für Kitas und Kindertagespflege 2014)

Das Sprachlerntagebuch und die Learning Stories sind beide im Situationsansatz verankert, der das Kind als explorierendes Lebewesen wahrnimmt, das seine Umwelt eigenständig erf-orscht und erschließt und diese Eigenständigkeit einfordert. Dennoch berücksichtigen beide Konzepte die Bindung zu den Eltern, Pädagogx und Kindern. Kinder gelten als interaktiv und kommunikativ. Zudem steht die Entwicklung der Sprache, des Körpers und der Kognition im Wechselspiel. Fällt eine dieser Entwicklungen zurück, sind auch die anderen Entwick-lungsbereiche betroffen.

Bei den Schwierigkeiten, die in Bezug auf die Verbreitung der Kombination der beiden Sys-teme derzeit noch bestehen, handelt es sich vorrangig um generelle Problematiken, die in der pädagogischen Arbeit entstehen. So sind Fachkräftemangel, Betreuungsschlüssel und -umfang der Vor- und Nachbereitungszeit, sowie die Frage, wer die Entscheidung über die Fort- und Weiterbildungen trifft alltägliche Diskussionspunkte in der pädagogischen Arbeit.

Desweiteren wäre ein größerer Forschungsumfang auf den Gebieten des Sprachlerntage-buches und der Learning Stories wünschenswert, dies würde die Verbreitung und die Bedeut-samkeit der Thematiken fördern. Untersuchungen in diesem Feld würden detailliertere Ein-blicke in die Praxis bieten und darüber hinaus die Literatursuche für Fachkräfte erleichtern.

Aus aktueller politischer Sicht sind Learning Stories in Kombination mit Zweitspracherwerb (auch im Erwachsenenalter) gerade bei Flüchtlingen und bei Migrationen eine interessante Komponente, um in die Biographie der Menschen zurückzublicken. Learning Stories können ebenfalls für Erwachsene geschrieben werden, sie bauen auf dem Können des Menschen auf und beflügeln ihn durch fundiertes Lob weiter an seinem Projekt (in diesem Fall Zweit-spracherwerb) zu arbeiten.

Ein bekanntes Beispiel für positive Lernverstärkung ist der Sonderpädagoge Chris Ulmer, der zu Beginn jeder Unterrichtseinheit seinen Schülex ihre individuellen positiven Eigenschaften aus seiner Wahrnehmung mitteilt. Er hat schnell erfahren, dass seine Schüler freundlicher und sozialer untereinander waren, ihre Gedanken positiv formulierten und mit gestärktem Selbst-bewusstsein aktiver am Unterricht teilnehmen.

Abschließend bleibt die Frage offen, inwiefern die Ergänzung des Sprachlerntagebuchs um die Learning Stories die Qualität der pädagogischen Arbeit in Einrichtungen beeinflusst und ob dieser Effekt, wie in den Thesen vermutet, positive Auswirkungen hat.

Literaturverzeichnis

Berliner Bildungsprogramm für Kitas und Kindertagespflege (2014). Erstauflage, neue Ausg. Kiliansroda: verlag das netz.

Bertelsmann Stiftung (Hg.) (1999): Zukunft gewinnen – Bildung erneuern. Unter Mitarbeit von Roman Herzog. Orig.-Ausg. München: Goldmann (15069).

Boldaz-Hahn, Stefani (2009): Qualität im Situationsansatz. Qualitätskriterien und Materialien für die Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen ; mit CD-ROM. 2., völlig überarb. Aufl. Berlin, Düsseldorf: Cornelsen Scriptor.

Dehn, Mechthild; Oomen-Welke, Ingelore; Osburg, Claudia (2012): Kinder & Sprache(n). Was Erwachsene wissen sollten. 1. Aufl. Seelze: Kallmeyer.

Fischer, K.; Gaudszun, C.; Hautumm, A.; Henrich-Braig, W.; Hofmann, H.; Hogan, S. et al. (2008): Sprachlerntagebuch für Kindertagesstätten und Kindertagespflege – Handreichung für Erzieherinnen und Erzieher sowie Tagespflegepersonen. Spracherwerb beobachten, dokumentieren, fördern. Unter Mitarbeit von A. Arslanoğlu, K. Cordts und Lernwerkstatt des Eigenbetriebes Kindergärten City. Hg. v. Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Berlin. Online verfügbar unter https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwixlr6m-vvPAhVILsAKHZxTCrEQFggcMAA&url=https%3A%2F%2Fwww.b erlin.de%2Fsen%2Fjugend%2Ffamilie-und-kinder%2Fkindertagesbetreuung%2Ffachinfo%2 Fsprachlerntagebuch_handreichung_erzieher.pdf&usg=AFQjCNEg6vJNUxx1iGKV7xJ_h68ImsVibw&sig2=_AkRNLNa5ch2N_NvAwDDOw&bvm=bv.136811127,d.bGg, zuletzt geprüft am 27.10.2016. (Wenn der Link nicht funktioniert, dann einfach bei Google folgende Schlagwörter eingeben: Sprachlernbuch Handreichung Erzieher; das erste pdf-Dokument ist die Quelle)

Gaschler, Frank; Gaschler, Gundi (2008): Ich will verstehen, was du wirklich brauchst. Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern : das Projekt Giraffentraum. 2. Aufl. München: Kösel.

Haas, Sibylle (2012): Das Lernen feiern. Lerngeschichten aus Neuseeland. Weimar [u.a.]: Verl. das Netz.

Leu, Hans Rudolf (2007): Bildungs-und Lerngeschichten. Bildungsprozesse in früher Kindheit beobachten, dokumentieren und unterstützen. 1. Aufl. Weimar [u.a.]: Verl. das Netz.

Zimmer, Jürgen (2006): Das kleine Handbuch zum Situationsansatz. Unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Feldhaus. 2., unveränd. Aufl. Weinheim [u.a.]: Beltz.

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